Gelbgurt – Aikido Online Akademie

GW04 Gewaltprävention

Von Gewaltprävention wird momentan viel gesprochen und geschrieben. Leider geht bei es bei diesem Thema doch all zu oft nur um das Erlernen von Selbstverteidigungstechniken, die gegen einen Angreifer einsetzt werden können, wenn die Gewalt schon entstanden ist.

Gewaltprävention wäre aber weit mehr. Es geht um die Entwicklung einer Fähigkeit, die es ermöglicht die Eskalation von Konflikten zu vermeiden oder bereits eskalierte Konflikte wieder in normale Bahnen zu lenken. Dazu gehört auch das Wissen wie Gewalt entsteht.

Die friedfertige Haltung unseres Aikido ermöglicht die Deeskalation.
Der große Unterschied zwischen Aikido und vielen anderen Kampfsportarten ist, dass es im Aikido um das Beenden der Gewalt geht und nicht um die Zerstörung des Angreifers. Das ist ein großer Unterschied. Nur mit dieser Einstellung besteht die die Möglichkeit die Spirale der Gewalt positiv zu führen.

Das Dojo für Aikido, Karate und Jodo - Werner und Elisabeth Ackermann

Aikido und Gewaltprävention

Unsere inneren Haltungen können nicht komplett zurückgehalten werden. Der Mensch wird immer unbewusste Botschaften seiner Einstellungen aussenden.

Der nonverbalen Kommunikation kommt in der Gewaltprävention große Bedeutung zu.
So wie Menschen spüren können, wenn in einem Raum gestritten wurde, sozusagen „dicke Luft herrscht“, so wird ein Mensch wahrnehmen, wenn Ablehnung und Aggressivität ihm gegenüber vorhanden ist und wird sich auch dementsprechend verhalten.

Richtige Kommunikation kann sehr kompliziert sein und bedarf großer Achtsamkeit.
Oft reagiert man auf Aggression mit einem Grinsen. Dies wird vom Angreifer nicht unbedingt als Freundlichkeit oder Gelassenheit, sondern als Missachtung aufgenommen, obwohl man es vielleicht nur aus reiner Unsicherheit und Angst gemacht oder vielleicht gar nicht bemerkt hat.

Es gibt Menschen, die sich verbal gut darstellen können und setzen dies auch ein um Andere, die dies nicht können, schlecht aussehen zu lassen.
Hier kann es sein, dass der rhetorisch Unterlegene eben das macht was er seinerseits gut kann (z.B. zuschlagen), um sich wieder gut zu fühlen.

Sinn unseres Aikido ist es, eine Geisteshaltung zu entwickeln die frei ist von Angst und Aggression.

Aikido lehrt den Angriff zuzulassen und umzulenken anstatt sofort abzublocken.
Durch diese friedliche, neutrale Haltung, können neue Wege aufgezeigt werden für den Umgang mit Konflikten. Diese Prinzipien können zur Bewältigung aller Konfliktsituationen (Beruf, Partnerschaft, Elternschaft ….) hilfreich sein. Erst durch Einnahme eines neutralen Standpunktes, entsteht die Möglichkeit aus zwei gegensätzlichen Seiten ein Miteinander entstehen zu lassen.

Unsere Tenkanbewegung ermöglicht einen Positionswechsel und lässt den Angriff zu.
Somit kann man in die gleiche Richtung wie die des Angreifers sehen, ohne schon gleich (durch blocken und zuschlagen) vollendete Tatsachen zu schaffen. Gleichzeitig könnte man aber auch einen Blick auf die eigene Position zurück werfen und somit vielleicht den eigenen Anteil an der Entstehung des Konfliktes erkennen.

In der Regel suchen sich Täter immer Opfer (Untersuchungen von Gefängnisinsassen haben ergeben, dass auch Gewalttäter sich immer nur die Menschen auswählen, die sie als Opfer wahrnehmen). Verhalten Menschen sich als Opfer, so macht dies die Täter überhaupt erst auf sie aufmerksam. Das gleiche kann geschehen, wenn Menschen sich aggressiv verhalten.

Die Haltung des Opfers ist in der Regel mit der körperlichen Haltung verbunden. Deshalb ist natürlich der Aufbau von körperlicher Fitness wichtig. Allein aufrechtes Gehen könnte dazu führen nicht als Opfer wahrgenommen zu werden.
Wichtig ist der Aufbau von Selbstbewusstsein und der Abbau von Ängsten. Dies wird im Training geübt, indem man sich den verschiedensten Angriffssituationen stellt und sich selbst und sein Verhalten in diesen Situationen kennen lernt.
Unserer Erfahrung nach werden Kinder schon selbstbewusster, wenn sie sich der Angst vor dem Fallen stellen und die Aikido-Fallschule erlernen.

Aber es gibt noch andere Bausteine für Gewaltprävention.

Wenn Menschen oft zum Opfer werden, dann kann das auch etwas mit ihrem Verhalten zu tun haben. Jeder von uns kennt Menschen, die nie Opfer sind oder andere, die sich dauernd in Konflikten (körperlich oder psychisch) befinden.
Leider sind sich viele Menschen dieser Dynamik nicht bewusst und können deshalb an ihrer Rolle nichts ändern.

Um wirkliche Gewaltprävention betreiben zu wollen, muss man sich folglich mit den eigenen Aggressionen oder seiner Opferhaltung beschäftigen.
Dafür muss man nicht unbedingt den brutalsten Kampfsport wählen – es kann auch über sanfte Wege, wie Aikido führen.

Distanz
Oft entstehen Konflikte bzw. werden verstärkt, weil auf körperlicher und mentaler Ebene zu wenig Distanz besteht.

Die richtige Distanz zu haben auf mentaler Ebene bedeutet, dass wir nicht automatisch alte Verhaltensweisen abspulen. (Der hat mich angerempelt, deshalb bekommt er jetzt eins auf die Nase). Es bedeutet eine gewisse Schwelle, nicht alles gleich auf sich beziehen, gelassen bleiben, sich vielleicht nicht so wichtig zu nehmen.

Zu wenig körperliche Distanz ist natürlich auch gefährlich.
Um auf einen Angriff reagieren zu können braucht man eine gewisse Reaktionszeit. Diese Zeit ist nur vorhanden, wenn der Angreifer den richtigen Abstand hat.
In einer intimen Distanz darf sich niemand ohne Erlaubnis aufhalten. Lässt man dies zu, führt das zu Stress und Angst – jedoch nicht nur beim Verteidiger, sondern auch beim Angreifer. Fordert man jetzt mit Gewalt die richtige Distanz ein und geht auf den Angreifer zu um ihn wegzuschieben, wird dies als Angriff gewertet.
Dieses Verhalten ist weder intelligent noch ökonomisch. Man verkürzt die Distanz noch mehr die Angst bei beiden nimmt noch mehr zu, die Gefahr von Überreaktionen und Reflexhandlungen steigt und man braucht Kraft – der Angreifer muß ja weggeschoben werden.
Viel einfacher wäre es entspannt einen Schritt rückwärts zu gehen, die Hand zu heben (Handinnenfläche zum Angreifer) zu der klaren Geste „Halt“ und dies auch klar mittels ihrer Stimme auszudrücken.
Diese Haltung drückt aus, dass man an einem Kampf nicht interessiert ist.
Man kann aber auch zurückgehen und die klassische Verteidigungshaltung mit geballten Fäusten einnehmen. Diese Haltung drückt jedoch aus, dass man zum Kampf bereit ist, diesen vielleicht sogar will.

Im Aikidotraining kann man seine alltäglichen Verhaltensweisen in Konflikten erkennen (schon wieder am kämpfen? Am weglaufen? Sich tot Stellen? ). Durch dieses bewusst machen können sich Schritt für Schritt die Verhaltensweisen ändern.

Ziel des Aikido-Trainings ist, die körperliche und geistige Flexibilität, Ausgeglichenheit, Toleranz, Klarheit, Leistungsfähigkeit, Präsenz, Achtsamkeit und Konfliktkompetenz zu fördern – dies ist hilfreich in allen täglichen Konfliktsituationen. Dies führt auf körperlicher, und psychischer Ebene zum Abbau von Widerständen, Verspannungen und Schmerzen. Dadurch kann sich Gelassenheit und Sicherheit entwickeln und das in jeder Art von Beziehung (Partnerschaft, Elternschaft, Beruf ….).
Durch die Art und Weise des Trainings ist Aikido für alle Alterklassen ab ca. 5 Jahren geeignet.

Sie arbeiten gerade an Ihrem Gelbgurt.

Fertig mit dieser Einheit?

Nehmen Sie sich für diese Einheit die Zeit, die Sie brauchen.
Der Schlüssel zu Ihrem Erfolg ist die Integration des Wissens und der Übungen in Ihren Alltag.